INTERPHARM 2018: Supplemente bei veganer und vegetarischer Ernährung
Eine überwiegend oder ausschließlich pflanzenbasierte Ernährung wird immer beliebter, ist jedoch unverändert häufig umstritten. Dabei ist die Gegenüberstellung von “Vegan oder gesund?” die falsche Frage. Berechtigt ist jedoch ein kritischer Blick auf die optimale Nährstoffversorgung. Denn neben den möglichen gesundheitlichen Vorteilen – wie gerade wieder in der CARDIVEG-Studie gezeigt – gibt es auch Risiken durch überrestriktive Ernährungsformen. Daher ist es wichtig zu wissen, bei welcher Ernährungsweise und welchen Begleitumständen welche Supplemente empfehlenswert sind.
Vegan und vegetarisch in Schwangerschaft und Stillzeit
Der Ernährungszustand einer Schwangeren trägt maßgeblich zum komplikationslosen Schwangerschaftsverlauf und zur gesunden Entwicklung des Kindes bei. Gerade zur Beurteilung der vegetarischen und veganen Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit kursieren jedoch widersprüchliche Aussagen, die häufig Verunsicherung schaffen. Umso wichtiger ist hier eine fundierte Beratung in der Frauen. Während die Fachgesellschaften in Deutschland von einer veganen Ernährung in der Schwangerschaft eindeutig abraten, sehen das große internationale Fachgesellschaften anders.
Eine vegetarische Ernährung mit Verzehr von Milch- und Ei-Produkten (ovo-lakto-vegetarische Ernährung) deckt bei gezielter Lebensmittelauswahl den Nährstoffbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit ebenso gut eine fleischhaltige Ernährung. Bei Verzicht auf den Verzehr von Seefisch sollten – vor allem aus Gründen der Allergieprävention – Omega-3-Supplemente verwendet werden (Docosahexaensäure). Immer supplementiert werden sollten außerdem Folsäure und Iod, sowie individuell auch Vitamin D, Vitamin B12, Zink (nach Anamnese) und Eisen (nach Diagnostik). Damit unterscheidet sich die Beratung von schwangeren Vegetarierinnen zu Mikronährstoff-Supplementen nicht grundsätzlich von der Beratung schwangerer Nicht-Vegetarierinnen. Gegen Ende der Schwangerschaft und in der Stillzeit sollte zusätzlich auf eine ausreichende Proteinzufuhr geachtet werden (1,0 – 1,2 g/kg Körpergewicht).
Die vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit ist theoretisch ohne gesundheitliche Probleme möglich; sie erfordert aber sehr gute Lebensmittelauswahl und obligatorisch die Vitamin B12-Supplementation, um irreversible Schäden beim Kind zu verhindern. Hier sind Multivitamin-Präparate sinnvoll, die Docosahexaensäure enthalten sollten. Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass auch voll gestillte Säuglinge Vitamin B12-mangelversorgt sein können, wenn die vegan lebende Mutter kein Vitamin B12 supplementiert.
Vegane und vegetarische Kinderernährung
In der Beikost- und Kindheitsphase ist eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung nicht problematischer als die übliche Mischkost; vielmehr kommt sie den allgemeinen Präventionsempfehlungen sogar näher als die durchschnittliche, fleischhaltige Ernährung (“Vegan oder gesund? Das ist die falsche Frage!”). Für die Stillzeit existieren alternative Beikostpläne, die einen spezifischen Nährstoffmangel verhindern. Besonderes Augenmerk sollte auf der Versorgung mit Eisen, Vitamin B12 und Zink liegen. Für die vegane Kinderernährung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Mikronährstoff-Supplementation in der vegan durchgeführten Stillzeit. Insbesondere in den Wachstumsphasen muss auch auf die ausreichende Proteinzufuhr geachtet werden.
Vegan und vegetarisch im Alter
Es gibt keine systematischen Untersuchungen dazu, ob eine vegetarische oder vegane Ernährung im Alter zu Mikronährstoffdefiziten führt, die über das bekannte Mangelernährungsrisiko hinausgehen. Hinsichtlich der Mikronährstoff-Versorgung in dieser Lebensphase sollte der Fokus auf Vitamin B12, Vitamin D, Calcium und Folsäure liegen. Daneben spielen Mikronährstoff-Effekte durch Arzneimittel, Grunderkrankungen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten eine entscheidende Rolle, die bei Supplementationsempfehlungen berücksichtigt werden müssen.
Das Skript zum Vortrag auf der INTERPHARM 2018 “Vegane und vegetarische Ernährung: aber sicher!” gibt es hier.
Zum vieldiskutierten Kommentar “Vegane Ernährung: Wer ist hier ideologisch?” geht es hier.
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