Fasten vor der Chemotherapie?

Wenig wird im Zusammenhang von Krebs und Ernährung aktuell so heiß diskutiert wie diese Frage: Ist es sinnvoll, vor einer Chemotherapie zu fasten, um ihre Wirkung zu steigern? Die Forschung hierzu steckt noch in den Kinderschuhen. Worauf sollte man achten?

Was ist die Idee dahinter?

Angesichts der Schock-Diagnose „Krebs“ gab es schon immer – meist unseriöse – Heilsversprechen, die sich auf „Krebsdiäten” oder alternativmedizinische Behandlungen bezogen. Tatsächlich spielt die Ernährung sowohl für die Krebsentstehung als auch für den Verlauf der Erkrankung eine wichtige Rolle (vgl. “Ernährungspraxis Onkologie”).

Unabhängig von einer therapeutischen Wirkung suggerieren unseriöse “Krebsdiäten” jedoch vor allen Dingen eins: die Wiedererlangung von Selbstwirksamkeit und -selbstbestimmung. Damit sind sie häufig ein probates Mittel gegen das Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins an eine übermächtige Krankheit und eine angsteinflößende moderne Medizin (vgl. “Krebs durch Vitamin B12?”).

Seit kurzem gibt es den Trend, kurz vor und nach einer Chemotherapie zu fasten, um damit die Verträglichkeit zu verbessern und die Wirksamkeit zu steigern. Dieser Ansatz wird in der wissenschaftlichen Onkologie kontrovers diskutiert (Caccialanza et al. 2018).

Durch den Hungerstoffwechsel sollen die Tumorzellen empfindlicher für die Chemotherapie werden, während gleichzeitig die gesunden Körperzellen vor den toxischen Effekten geschützt bleiben. Grundlage dieser Überlegungen sind verschiedenen Ergebnisse aus der Laborforschung an Krebszellen und Tieren.

Erste Hinweise aus Tierexperimenten

Tatsächlich hat die experimentelle Forschung auf diesem Gebiet in den letzten Jahren spannende Hypothesen geliefert. Beispielsweise zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass ein kurzzeitiger Nahrungsverzicht gesunde Zellen, nicht jedoch Krebszellen vor dem oxidativen Stress einer Chemotherapie schützen kann (Raffaghello et al 2008; Lee et al. 2012).

In Mausmodellen zum Neuroblastom führte die Kombination einer Chemotherapie mit Fasten zu einem verlängerten Überleben, was weder für die Chemotherapie noch für das Fasten allein beobachtet werden konnte (Lee et al. 2012). Und bei Versuchen mit besonders aggressiven Glioblastomen in Mäusen erhöhte das Fasten die Ansprechrate der Tumoren auf die Strahlen- und die Chemotherapie und verlängerte das Überleben (Safdie et al. 2012).

Wieso soll das funktionieren?

Es gibt verschiedene Fastenformen, die sich in ihren Stoffwechseleffekten deutlich voneinander unterscheiden. Eine besondere Rolle spielt der sog. Insulin-ähnliche Wachstumsfaktor 1 (insulin-like growth factor, IGF-1). Dieser Wachstumsfaktor wird überwiegend von der Leber gebildet und ins Blut abgegeben. Dadurch gelangt er in alle Körpergewebe und stimuliert dort Wachstum und Zellteilung. Auch viele Krebszellen werden durch IGF-1 zu vermehrtem Wachsum angeregt.

Beeinflusst wird die Bildung von IGF-1 durch zahlreiche äußere Faktoren, z. B. Stress, körperliche Aktivität und Ernährung. So ist schon lange bekannt, dass Fasten die Blutkonzentration von IGF-1 senkt. Dadurch wird der Wachsumsimpuls für Krebszellen abgeschwächt. Zusätzlich bewirken sinkende IGF-1-Konzentrationen die Aktivierung zellulärer Programme, die die Regeneration geschädigter Zellen fördern (sog. Autophagie). Für die Erforschung der Bedeutung von Autophagie für Langlebigkeit und Krankheitsentstehung wurde 2016 der Nobelpreis für Medizin verliehen (sehr gute Zusammenfassung hier).

Fasten verändert das Immunsystem

Auch am Immunsystem führt das Fasten zu messbaren Veränderungen. So bewirkt der Nahrungsverzicht eine Aktivierung CD8-zytotoxischer Lymphozyten und eine Hemmung regulatorischer T-Zellen, wodurch die Autophagie gesteigert wird (Englert und Powell 2016). Zusätzlich fördert das Fasten die Aktivität des Tumorsuppressors p53. Dadurch kommt es z. B. in Brustkrebs- und Melanomzellen zum programmierten Zelltod (Apoptose) (Shim et al. 2015).

Diese Mechanismen können dazu beitragen, dass Krebszellen anfälliger für die Chemo- und/oder Strahlentherapie werden, während gesunde Zellen vor den toxischen Effekten besser geschützt sein könnten. Doch die Dinge liegen nicht ganz so einfach. Zwar wirkt die Fasten-induzierte Autophagie an gesunden Zellen Tumor-unterdrückend, an Krebszellen jedoch könnte sie das Wachstum sogar weiter beschleunigen (Petibone et al. 2017).

Studienlage am Menschen

Ungeachtet dieser spannenden Daten aus Zell- und Tierversuchen gibt es nur sehr wenige klinische Studien, die den Effekt von Fasten während der Chemotherapie bei Menschen untersucht haben. Was wissen wir heute?

Studie 1: Einer der ersten Fallberichte stammt aus dem Jahr 2009 (Safdie et al. 2009). Dabei wird beschrieben, wie zehn verschiedene Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen vor (48 – 140 Stunden) und/oder nach der Chemotherapie (5 – 56 Stunden) fasteten. Sechs der zehn Patienten berichteten von verbesserter Verträglichkeit der Chemotherapie durch das Fasten. Auf die Wirksamkeit der Chemotherapie wirkte sich das Fasten nicht nachteilig aus. Diese Studie ist wenig aussagekräftig, da die Fallzahl sehr gering ist und keine Zufallsverteilung vorgenommen wurde.

Studie 2: In einer weiteren Studie fasteten 20 Männer und Frauen entweder 24, 48 oder 72 Stunden vor bzw. nach einer Chemotherapie (Dorff et al. 2009). Es zeigte sich ein Trend hinsichtlich besser Therapieverträglichkeit bei denjenigen, die 48 oder 72 Stunden fasteten. Daten zu einem Effekt auf die Wirksamkeit der Chemotherapie gibt es aus dieser Studie nicht.

Studie 3: 2015 folgte eine erste randomisiert-kontrollierte Studie mit 13 Frauen mit Brustkrebs (de Groot et al. 2015). Diese Frauen wurden zufällig in eine Fasten- und eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Die Fastengruppe fastete 24 Stunden (short-term fasting, STF) vor und nach der Chemotherapie, die Frauen der Kontrollgruppe aßen normal weiter. Die Fastenperiode wurde sehr gut vertragen und reduzierte signifikant die hämatologische Toxizität der Chemotherapie. Auf andere Nebenwirkungen wie Übelkeit hatte das Fasten keinen Einfluss.

Studie 4: Die jüngste Studie wurde an der Charité in Berlin durchgeführt (Bauersfeld et al. 2018). Insgesamt 34 Frauen mit Brust- oder Eierstockkrebs wurden in zwei Gruppen verteilt: Alle Frauen fasteten insgesamt 60 Stunden, und zwar 36 Stunden vor bis 24 Stunden nach der Chemotherapie. Jede Frau erhielt dabei vier bis sechs Chemotherapie-Zyklen. Eine Gruppe der Patientinnen fastete während der ersten Hälfte ihrer Chemotherapien und aß während der weiteren Chemotherapien normal; bei der anderen Gruppe war es genau anders herum (normal essen während der ersten Chemotherapien, fasten während der späteren Chemotherapien). Das Ergebnis: Nur bei jenen Frauen, die während ihrer ersten Chemotherapien fastete, zeigten sich Verbesserungen von Lebensqualität und schwerer Erschöpfung (Fatigue). Relevante Nebenwirkungen des Fastens traten nicht auf.

Scheinfasten als neuer Trend

Eine neue Entwicklung innerhalb der Fastenforschung ist das sog. „Scheinfasten“ (fasting mimicking diet) (Brandhorst et al. 2015). Hier wird nicht vollständig auf Nahrung verzichtet, sondern nur so viel Nahrung aufgenommen, dass der Körper zwar den Fastenstoffwechsel aktiviert, man aber die Nahrungszufuhr nicht so stark einschränken muss wie beim klassischen Fasten.

In diesem Zusammenhang werden Substanzen erprobt, die im Körper den Fastenstoffwechsel „anschalten“ – im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses steht hierbei u.a. Spermidin (Pietrocola et al. 2016). Lebensmittel mit hohem Spermidin-Gehalt sind beispielsweise Sojabohnen, Weizenkeime und alter Käse. Zur Sinnhaftigkeit dieser Interventionen ist noch viel weniger bekannt als über das Chemotherapie-parallele Fasten an sich.

Kann man Chemopatienten das Fasten empfehlen?

Das hört sich sehr vielversprechend an. In der Praxis gibt es immer wieder Patienten, die von diesen Studien gehört haben und die deshalb eigenständig fasten – vor und nach der Chemotherapie, und mitunter sogar deutlich länger als in den genannten Studien. Ist das empfehlenswert?

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die wissenschaftliche Datenlage nicht ausreichend, um Krebspatienten das Fasten zu empfehlen. Wichtiger wäre es, jene Maßnahmen gegen Mangelernährung umzusetzen, die längst als wirksam bekannt sind (vgl. “Dekade gegen Krebs”). Die vorgestellten Studien hatten alle sehr geringe Fallzahlen, und die Fastenzeiten waren unterschiedlich lang. Häufig wird vergessen, dass es nicht die Krebserkrankung und die Chemotherapie gibt: Krebserkrankungen sind pathophysiologisch sehr unterschiedlich, sodass z. B. selbst Brustkrebs nicht gleich Brustkrebs ist.

Das Gleiche gilt für die Zusammensetzung, die Dosierung, die Begleitmedikation und die Zyklushäufigkeit einer Chemotherapie. Damit ist die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf eine andere medizinische Konstellation schwierig bis unmöglich.

Und vielleicht das Entscheidende: In den bisher durchgeführten Humanstudien standen Effekte auf Laborwerte im Mittelpunkt. Es ist völlig unklar, wie sich das Fasten während der Chemotherapie langfristig auf den Verlauf der Krebserkrankung und die Gesundheit der Patienten auswirkt.

Wichtige Vorsichtsmaßnahmen beachten

Falls Betroffene das Fasten während der Chemotherapie ausprobieren möchten, sollten einige wichtige Vorsichtsmaßnahmen dringend beachtet werden:

  • Führen Sie die Fastenintervention nur nach vorheriger Rücksprache mit Ihrem Onkologen durch! Das Fasten sollte von einem erfahrenen Arzt begleitet werden. Am besten wird es im Rahmen einer ärztlich kontrollierten, wissenschaftlichen Studie durchgeführt. Entsprechende Studien laufen auch an verschiedenen deutschen Universitätskliniken.
  • Patienten, die schon vor Beginn der Therapie mangelernährt oder untergewichtig sind, sollten auf keinen Fall fasten. Das kann den Krankheitsverlauf verschlechtern. Auch Patienten ohne offensichtliches Untergewicht können mangelernährt sein (sarkopene Adipositas).
  • Bei den diskutierten Fasteninterventionen geht es um kurzzeitiges Fasten im Kontext von Chemo- und/oder Strahlentherapie. Längeres Fasten mit dem Ziel, den Tumor „aushungern“ zu wollen, funktioniert nicht und ist potenziell lebensgefährlich. Das gilt auch für die aktuell sehr populäre ketogene Diät: Die dabei im Körper gebildeten Ketonkörper können einige Krebszellen zwar schädigen, andere Krebszellen in ihrem Wachstum jedoch fördern. Eine ketogene Ernährung kann keine Krebstherapie ersetzen.
  • Beim Fasten während einer Chemotherapie handelt es sich um eine experimentelle Therapie, deren langfristige Risiken unbekannt sind. Das Fasten ist keine Therapieform, von der Wunder zu erwarten sind.

Fazit

Ob das Fasten während der Chemo- und/oder Strahlentherapie die Hoffnungen erfüllen wird, weiß derzeit niemand. Die wissenschaftlichen Daten sind sehr vielversprechend und liefern spannende Hypothesen. Wer diese experimentelle Therapie ausprobieren möchte, sollte Vorsichtsmaßnahmen beachten und das Fasten nicht ohne ärztliche Begleitung durchführen.

14 Kommentare

  1. Interessant, dass ein kurzzeitiger Nahrungsverzicht gesunde Zellen, nicht jedoch Krebszellen vor dem oxidativen Stress einer Chemotherapie schützen könnte. Ich habe vor einiger Zeit auch schonmal von solchen Studien gehört. Wenn man das mit seinem behandelnden Arzt abspricht, dann denke ich, es spricht nichts dagegen es einmal auszuprobieren.

  2. Wer stellt eigentlich die Frage, ob die so genannte “Chemotherapie” überhaupt geeignet ist und ein Weg sein soll, den Krebs loszuwerden? Oder geht es gar nicht darum, “ihn” loszuwerden?

  3. Hallo, ich habe Darmkrebs StadiumIIII/B. Ich habe vor der Chemotherapie 48 Std. und 24 Std. nach der Chemotherapie gefastet, nur Wasser getrunken. Die Chemotherapie habe ich sehr gut vertragen. Der Arzt ist der gleichen Meinung. Man sah das auch an den Blutwerten. Ich habe das eigenständig gemacht ob wohl der Arzt mit davon abgeraten hat. Habe ca. jedesmal 4 kg abgenommen, aber ich habe genug davon. Fazit: Von mir persönlich kann ich behaupten das mir nie übel wahr, erschöpft oder andere Nebenwirkungen. Das Kribbeln in Fingern und Füßen und Kehle habe ich gehabt.

    1. @Norbert Pätzmann
      Danke für den kleinen Erfahrungsbericht. Haben die Chemomittel denn trotzdem ihre erwartete Wirkung gezeigt? Die Kritiker sagen ja, dass das Fasten zwar die gesunden Zellen schützen kann, aber im Gegenzug auch die Krebszellen begünstigt (Stichwort Autophagie).

  4. Interessant, dass die Tumorzellen durch den Hungerstoffwechsel empfindlicher für die Chemotherapie werden sollen. Meine Bekannte wird in Kürze ihre erste Chemotherapie beginnen müssen. Ich werde ihr über Fasten erzählen. Vielleicht wird sie auch so machen.

  5. Interessant, dass die wissenschaftliche Datenlage im Moment noch nicht ausreicht um Patienten bei der Chemotheraphie das Fasten zu empfehlen. Meine Tante ist Tierarztin und macht deswegen Onkologie für Hund und Katze. Selbst die Tierhalter erwähnen diese Studien und fragen, ob ihr Haustier fasten sollte.

  6. Ich kann allen die sich mit dem Thema Krebsbehandlung durch Chemotherapie od. chronische Krankheitsbilder als Betroffene “auseinander setzten müssen” eine aufschlussreiche Dokumentation auf ARTE zum Thema Fasten und Schulmedizin empfehlen. Das dieser Beitrag aus dem Jahr 2011 stammt und 2020 immer noch von mangelnden klinischen Studien die Rede ist, spricht eigentlich Bände! Hier der LINK: https://www.arte.tv/de/videos/043980-000-A/fasten-und-heilen/ oder einfach selber im Web suchen [Fasten, Chemo, Arte].

  7. Da meine Oma Krebs jetzt hat, informieren wir uns über alles zum Thema Krebsbehandlungen. Gut zu wissen, dass Patienten, die untergewichtig sind, vor Chemotherapie nicht fasten sollen. Wir haben vor kurzem etwas über Strahlentherapie auch gehört. Wir wollen uns noch mehr darüber informieren.

  8. Mein Mann hat Krebs und ich informiere mich wirklich jeden Tag, Stundenlang. Ich will alles daran tun, dass er wieder gesund wird. Dass Fasten vor der Chemotherapie sinnvoll sein könnte, finde ich interessant. Ich werde es mit meinem Mann besprechen.

  9. Sehr geehrter Professor Smollich,

    schöne und übersichtliche Zusammenfassung. Danke dafür – auch wenn ich mir das meiste davon inzwischen schon anderswo angelesen hatte und also fast alles schon kannte. Womit ich aber Schwierigkeiten habe, ist Ihre Mahnung, solche Experimente professionell ernährungsmedizinisch und onkologisch begleiten zu lassen. Denn dann können es wohl die meisten Interessierten ja sowieso nur noch bleiben lassen. Beim Fasten scheint der Onkologe an und für sich – so mein Eindruck bei Google-Recherchen – nämlich massive Berührungsängste zu haben.

    Das wirft aber die Frage auf, warum so viele Patienten, die Interesse hätten, es damit zu versuchen, nur aus diesem einen Grund darauf verzichten müssen, obwohl es – normalen Ernährungsstatus und Einhalten ein paar simpler Grundregeln vorausgesetzt – nach menschlichem Ermessen überhaupt nicht riskant ist, während auf der anderen Seite ein möglicherweise hohes Potential eines echten gesundheitlichen Nutzens besteht. Mir leuchtet hier der Kosten/Nutzen-Aspekt aus Patientensicht nicht ein.

    Potential, keine Garantie, schon klar. Vielleicht beträgt die Wirkung also auch nur Null. Aber sogar dann hätte man dafür mit minimalen Vorsichtsmaßnahmen, die eigentlich nicht mehr als normalen Alltagsverstand benötigen, ja trotzdem auch nur einen Preis von Null bezahlt. Und meine persönliche Erfahrung – derzeit zweiter Chemo-Zyklus – spricht außerdem eher für eine Wirkung von deutlich über Null. Mindestens bei den Nebenwirkungen, bei der Wirkung auf den Tumor selbst traue ich mir einstweilen noch kein Urteil zu. Ich bin zwar nicht blöd, aber trotz allem Laie und bemühe mich, mir meiner Grenzen bewußt zu bleiben.

    Mein Onkologe hat sich in der Frage des Fastens als völlig unzugänglich erwiesen, bis hin dazu, daß er sich regelrecht geweigert hat, es auch nur zur Kenntnis zu nehmen, daß ich ungeachtet seines dringenden, ja geradezu panischen Abratens trotzdem um die Chemo herumfasten würde – nachdem es mir trotz aller Mühe nicht gelungen war, ihm ein überzeugendes Gegenargument zu entlocken, bis er das Gespräch kurzerhand abbrach und mich nebenbei auch noch mit einem ganzen Sack weiterer unbeantworteter Fragen stehenließ.

    Ja, ich denke gerade ernsthaft über einen Arztwechsel nach. Aber was hilft mir das in der Frage des Fastens, bei der ja offenbar bis zu einem gewissen Grad fast alle Onkologen so ähnlich ticken, nur allenfalls etwas weniger extrem? Ist die vielleicht von vornherein aussichtslose und zeitraubende Suche nach einer eventuellen Ausnahme ausgerechnet in meiner an Onkologen nicht gerade armen Stadt wirklich diese Mühe wert? Bis zu einem abschließenden Ergebnis wäre ich mit der Chemotherapie wahrscheinlich längst durch. Und habe ich momentan außerdem nicht schon mehr als genug anderes am Hals?

    Ich traue mir die Sache mit dem Fasten auch ohne einen Arzt zu, weil ich reichlich Vorerfahrungen mit Intervallfasten zur (nachhaltig erfolgreichen) Gewichtsreduktion habe, ebenfalls ohne professionelle Hilfe, weil Fasten mir geradezu lächerlich leicht fällt und weil ich die von Ihnen so übersichtlich und gut zusammengefaßte Literatur nach bestem Wissen und Gewissen (immerhin geht es um mein eigenes Überleben, das nehme ich schon ernst!) ausgewertet und an meine Situation angepaßt habe. Ich weiß ja schon lange, was mir beim Fasten bekommt und was nicht, also habe gerade ich dafür die bestmöglichen Voraussetzungen.

    Meine Meinung ist außerdem: Jede vermiedene Nebenwirkung kann doch auch eine vermiedene Zellschädigung im gesunden Gewebe bedeuten, die ich andernfalls nicht vermeiden würde, mit allen gesundheitlichen Risiken, die damit wieder einhergehen. Was ist aus onkologischer Sicht dann aber besser daran, diese Risiken dennoch einzugehen? Für meinen bescheidenen Laienverstand geht diese Rechnung beim besten Willen nicht auf.

    Klar wäre mir ein ärztlicher Begleiter, der mich über die Wirkung meines Tuns auf meine Gesundheit ausweislich der Daten auf dem Laufenden hält, mir damit eventuell nützliche steuernde Eingriffe im Detail ermöglicht oder mich im Extremfall mit überzeugenden Argumenten vielleicht ja doch noch von einem Abbruch überzeugt und der vielleicht – man wird ja noch träumen dürfen – sogar ein kleines bißchen Interesse an meinen praktischen Erfahrungen aufbringt, eigentlich lieber gewesen, aber backen kann ich ihn mir halt auch nicht. Also mache ich, was ich gerade mache, eben auf eigene Verantwortung und halte das auch für das geringere von zwei Risiken, unter denen ich auszuwählen hatte.

    Danke für das geduldige Lesen. Ich fürchte, ich habe mich bei meiner Grundsatzrede ein bißchen hinreißen lassen. Dabei ging es mir doch eigentlich vor allem um eine konkrete Frage, von der ich hoffe, daß Sie mir weiterhelfen können: Über Fasten im Zusammenhang mit Bestrahlung – die ja auch noch auf mich zukommt – habe ich im großen weiten Web bislang noch gar nichts Erhellendes gefunden. Komisch, eigentlich bin ich sonst ganz fit in solchen Recherchen. Fehlen mir die richtigen Suchbegriffe? Oder ist meine Frage aus irgendwelchen Gründen so abwegig, daß vor mir wirklich noch nie jemand auf die Idee gekommen ist, sich für die Wirkung von Fasten (evtl. ja auch in viel kürzeren Intervallen) auf Bestrahlungsnebenwirkungen zu interessieren?

    Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie dazu etwas wüßten!

    Herzliche Grüße und schon im voraus vielen Dank
    Perditax

    1. Gute Nacht. Ich hoffe, es geht Ihnen wieder besser? Habe Ihren Kommentar durch gelesen und wollte Sie jetzt fragen, wie es Ihnen mit dem Fasten ergangen ist, haben Sie einen guten Onkologen noch finden können?
      Kurz zu meinem Problem. Meine Mutter erkrankte 2021 an Gebärmutterhalskrebs, wurde mit Brachytherapie, Chemo und Bestrahlung gut behandelt. Gott sei Dank! Ein Jahr später aufgrund Ihrer Beschwerden, Schwindel, Kopf CT zeigt eine Neubildung, Metastasen. Wird operiert, kommt schwer und langsam wieder auf die Beine, langer, komplizierter, nervenzerreißender Weg im Jahr 2022. Dann kommt das nächste Problem. Freuen uns sehr, Gott sei Dank, das Leben kann weitergehen, Mama geht es den Umständen entsprechend gut, hat aber schon viel zu kämpfen, bekommt alle 3 Wochen Chemotherapie. Im Nov 2022 im MRT keine neue Läsionen, das bedeutet ein halbes Jahr nach der Kopf Op.
      Dann letzte Woche wird erneut CT gemacht, 3-4 neue Herde. Befinden sich an einer gefährlichen und sehr ungünstigen Stelle. Also im Nov 2022 noch alles gut und im April 23 ein paar neue Herde. Daraufhin wird wieder Bestrahlung geplant ab nächster Woche. Und heute Wirbelsäulen MRT gemacht. Jetzt müssen wir aufs Ergebnis warten. So, das war die Vorgeschichte.
      Jetzt habe ich viel nach einer Alternativ zur jetzigen Behandlung gesucht und bin u. A. auf diese Seite gestoßen. Ich habe oft gehört und gelesen, dass Fasten während einer Chemo wichtig und hilfreich wäre.
      Könnten Sie evtl kurz darüber berichten, wie es Ihnen geht. Wie vertragen Sie die Therapie? Wie läuft es mit dem Fasten?
      Ehrlich gesagt, vertraue ich der Therapie, die die Ärzte jetzt mit ihr machen, gar nicht! Sie wird trotz laufender “sehr guten Chemo “, wie die Ärzte es immer nennen, krank, es sind neue Metastasen da!!! Also bringt die Chemo nicht viel, der Körper kämpft nicht wirklich. Ich bin so verzweifelt, mir tut meine liebe Mami so leid. Ich suche verzweifelt nach Hilfe und Lösung und bitte Sie die o. st. Fragen eventuell zu beantworten. Danke 🌹

  10. Hallo Sabi,

    oje, das hört sich ja echt übel an bei Ihrer Mutter – die besten Wünsche von mir an Sie beide, ich hoffe, ihr geht es (den Umständen entsprechend) einigermaßen gut! Ich war schon seit letzten November nicht mehr auf dieser Seite, also sorry, daß ich Ihre Frage erst jetzt entdeckt habe. An dem Tag, als Sie Ihren Text geschrieben haben, war ich übrigens gerade im Krankenhaus und erholte mich von der Operation tags davor.

    Das Fasten hat sich bei mir als ausgezeichnete Idee erwiesen, jedenfalls hatte ich bei der Chemo (sie lief bis zum März) so überschaubare Nebenwirkungen, daß sogar die Chemo-Schwester ein paarmal erstaunte Bemerkungen darüber gemacht hat, etwa über meine Blutwerte. Beweisen kann ich es natürlich nicht, daß speziell das Fasten mir dazu verholfen hat, daß ich so gut davongekommen bin bei der Chemotherapie – aber das mindeste, was ich sicher sagen kann, ist, daß es mir nicht geschadet hat, denn bei der OP hatte ich das bestmögliche Ergebnis, das man haben kann, eine pathologische Komplettremission.

    Wenn Sie auf meinen Namen klicken, wird mein Blog verlinkt, dort können Sie in mehr Einzelheiten nachlesen, wie es mir in den letzten Monaten ergangen ist – und falls Sie mir erzählen wollen, wie es Ihrer Mutter geht, oder etwas zu dem, was ich geschrieben habe, etwas genauer wissen möchten, machen Sie das gerne einfach im Kommentarbereich unter meinem letzten Blogbeitrag. 🙂

    Herzliche Grüße
    Perditax

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